Die Geschichte der Brodhäger Domäne

Von Reinhold Griese (Recherche), Ulf Lübs (Text, Layout).

Die Brodhäger Domäne gehörte zu den kleinsten und unrentabelsten Gütern in Mecklenburg. Geschuldet war dies hauptsächlich den kargen, sandigen Böden rund um Brodhagen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Domäne zeitweilig gemeinsam mit den Domänen Steffenshagen und Vorderbollhagen verpachtet wurde sowie die Brodhäger Kalkbrennerei dem Gut zugeschlagen wurde.

1790: Erstellung eines Feldregisters von der Meierei Brodhagen. Dort wurde für den Hof eine Größe von 112.593 Quadratruten angegeben. Der Acker der Meierei war in sieben Schläge eingeteilt. Diese Einteilung wurde über lange Zeit beibehalten.

Ende der 1780er Jahre begann eine grundlegende Veränderung in der Schafzucht in Mecklenburg. Die ersten spanischen Merinoschafe wurden fortgepflanzt. Bei den Viehzählungen wurden diese Schafe als feine Schafe aufgeführt. Dies war auch für die Brodhäger Domäne, als Schafzuchtbetrieb, bedeutsam.

1818: Pächter der Höfe Brodhagen, Steffenshagen und Vorderbollhagen war ein Burmeister

1848–1863: Der Hof Brodhagen erhielt einen neuen Pachtkontrakt. Pächter ist Burmeister, Größe des Gutes: 85.899 Qudratruten.

1863–1873: Verpachtung des Hofes Brodhagen an Philipp Seer. Anlage zum Pachtkontrakt war ein sehr konkret abgefaßtes Regulativ zu den Rechten der Hoftagelöhner. (siehe Kapitel "Zur Geschichte des Brodhäger Hofes")

1872 wurde die Feldmark der Domäne vermessen und eine Flurkarte mit Schlagaufteilung erstellt. (siehe Anlage)

1873–1894: Erneute Verpachtung des Hofes Brodhagen an Philipp Seer.

1874: Der Hof Brodhagen gründete eine selbstständige Gemeinde. Dies war nichts Ungewöhnliches. Nach damaligem Ständewesen war es unter der Würde eines Gutspächters, sich der Dorfgemeinde unterzuordnen, oder sich als Gemeindeoberhaupt mit den Belangen der Dorfschaft zu befassen.

1881 (17. Februar): Es erschien eine Todesanzeige von Philipp Seer im Mecklenburgischer Anzeiger

1882: Als Hofpächter wurde ein C. Fabricius genannt. Näheres zur Person ist nicht bekannt.

1895 (1. Dezember): Zur Volkszählung wurde das Gut als Domänenpachthof registriert, mit 150 ha Ackerland, 31,1 ha Wiesen, 1 ha Weiden sowie 7,4 ha Holzungen und Wasserflächen. Pächter war Otto Krieg. Der Hof gehörte zum Kirchspiel Steffenshagen, mit Pastor Thieme als Amtsträger. Der zuständige Ort für Eisenbahnanschluss (E), Post (P) und Telefon (T) war Doberan. Dort saß auch das zuständige Amtsgericht.

1905 (1. Dezember): Volkszählung in Mecklenburg, bei der zum Hof Brodhagen folgende Angaben gemacht wurden: Größe: 189,4 ha, davon 150 ha Ackerland und Garten, 31 ha Wiesen, 1 ha Weiden, 7,4 ha Wald, 599,9 bonitierte Scheffel, Viehbestand: 15 Pferde, 89 Rinder davon 67 Kühe, 142 Schafe, 63 Schweine, Pächter: Otto Krieg,

1918: Mit dem Zusammenbruch des Kaiserreichs ging der Hof Brodhagen, wie alle herzoglichen Domänen, in den Besitz des Landes Mecklenburg über.

1926-1941: Verpachtung von Hof Brodhagen an Paul Dierks.

1932: Entschuldung des Hofes Brodhagen mit dem Pächter Paul Dierks. Ein Entschuldungsdarlehen in Höhe von 26.000 RM wurde gewährt.

1933: Folgende Flächen wurden der Domäne Brodhagen entnommen: Für die Büdnerei Meyer 7,7785 ha, für das Amtsreservat 6,06 ha, für das allgemein Unbrauchbare 0,2224 ha

1935: Rückübertragung der Brodhäger Siedlungsbüdnerei Meyer zur Domäne sowie 1,1065 ha aus dem Amtsreservat.

1938 Für den Hof Brodhagen waren folgende Schulden verzeichnet: Pächterkredit 8.000 RM, Entschuldungsdarlehen 26.000 RM, Überhang 8715,88 RM davon im Jahre 1939 8024,18 RM, an den Reichsnährstand gehen 264,40 RM.

1941: Der Hof Brodhagen verlor seinen Status als eigenständige Gemeinde und wurde mit dem Dorf zusammengelegt. Dies geschah auf Anweisung der Verwaltung.

1941: Pachtverlängerung des Hofes Brodhagen für Paul Dierks bis 1945. Größe des Hofes: Garten: 19.37 m², Acker: 140,03 ha, Wiese: 29,65 ha, Weide: 2.71 m².

1945/46: Aufsiedlung der Domäne durch eine Bodenreform. Das Land wurde vorwiegend in Neubauernstellen zu rund 8 ha aufgeteilt. Auf Zuweisung einer Neubauernstelle konnte sich im Grunde jeder bewerben. Durch diese Aufsiedlung verlor das Gut seinen Charakter als zusammenhängende Wirtschaftseinheit und hörte damit praktisch auf zu existieren.

Zur Geschichte des Brodhäger Hofes

Zur Frühgeschichte des Brodhäger Hofes ist noch wenig bekannt. Als halbwegs gesichert dürfte jedoch gelten, dass mit der Ansiedlung von deutschen Bauern im Schlepptau der Doberaner Mönche zu Beginn des 13. Jahrhunderts die bekannte Dorfstruktur entstand.

Das Muster: Klostergut flankiert von Bauernhufen, kann man eigentlich bei allen damaligen Ansiedlungen im Herrschaftsbereich des Klosters feststellen. Es war ja auch praktisch. Die Mönche hatten mit ihren Gütern Stützpunkte ihrer Macht in ihrem Einflussbereich. Mit den Bauernhöfen in unmittelbarer Nähe zu ihren Gütern hatten sie notwendige Arbeitskräfte zur Gutshofbewirtschaftung in ihrer Nähe. Denn die damals noch relativ freien Bauern waren den Mönchen durch Fron und Zehnt tributpflichtig. Die Bauern wiederum fanden in den Klostergütern nicht zuletzt ideelle Ankerpunkte in ihrer Welt voller Unsicherheiten, Bedrohungen und Dämonen und profitierten, ganz pragmatisch, vom Wissen der Mönche.

Mit der Säkularisierung, im Zusammenhang mit der Reformation von 1552, wurden die Mönche als Gutsbesitzer durch den Mecklenburger Herzog abgelöst. Die Verwaltung ging, nach wie vor, von Doberan aus. Statt der Klosterbeamten hatten nun die Domanialbeamten auf Hof Brodhagen das Sagen. Einzelheiten zu dieser Zeit sind sicher noch in den Akten des Domanialamtes Doberan zu finden.

Eine Besonderheit der Brodhäger Domäne war die zeitweilig dort angegliederte Kalkbrennerei. Diese versorgte ab dem 18. Jahrhundert die Region mit Baukalk. Die späteren Pächter führten die Aufsicht über die Kalkbrenner, was Ihnen sicherlich ein willkommenes Zubrot zur kargen Landwirtschaft des Hofes einbrachte.


Rückschlüsse zur wirtschaftlichen Bedeutung des Hofes Brodhagen lässt schon die Information zu, dass dieser 1818 zusammen mit den Höfen Steffenshagen und Vorderbollhagen an einen Pächter vergeben wurden. So etwas machte die herzogliche Kammer nicht ohne gute Gründe, zumal die Nachfrage nach Gutspachten in Mecklenburg damals recht groß war. Was die Kammerbeamten in Schwerin damals aber schon machten, war: Sie verfassten, mit wachsender Begeisterung, Regelungen bis ins kleinste Detail. Ein gutes Beispiel dafür ist die Anlage B zum Pachtkontrakt für den Hof Brodhagen von 1818. Nachfolgend daraus den Teil:

Jeder Tagelöhner erhält:

  • Wohnung nebst Garten von 60 Quadratruten (1270 m²)
  • An Kartoffelacker im Felde 72 Qudratruten (1520 m²)
  • Zum Flachsbau 16 Quadratruten (340 m²)
  • Weide und Winterausfütterung für eine Kuh und drei Hammel
  • Zur Ausfütterung der im Stalle zu haltenden Schweine 30 Scheffel Kaff, jährlich
  • an Tagelohn: Im Sommer 10 Schillinge, im Winter 9 Schillinge . Jede Frau empfängt an Tagelohn im Sommer 7 Schillinge, im Winter 6 Schillinge (16 Schillinge = eine Mark)
  • an Drescherlohn den 17ten Scheffel

Dagegen leistet jeder Tagelöhner und jede Frau:

  • die Arbeiten in der Ernte unentgeltlich
  • jede Frau außerdem für die Wohnung 56 Tage im Jahr gleifalls unentgeltlich
  • Zur Arbeit kommen die Männer im Sommer morgens um 6:00 Uhr, die Frauen 6:30 Uhr und bleiben bei der Arbeit bis ½ Stunde vor Sonnenuntergang, haben jedoch zum Mittag und zwar die Männer eine Stunde, die Frauen zwei Stunden, so wie zum Frühstücken und zum Vesper eine halbe Stunde Ruhe.
  • Außerdem leistet der Pächter alle kleinen Fuhren für die Tagelöhner unentgeltlich und berücksichtigt für dieselben die Befreiungsgelder vom Mahl- und Schmiedezwange ohne Anrechnung.

1863: erhielt Philipp Seer einen Pachtvertrag für den Hof Brodhagen. Offensichtlich wurde der Hof separat verpachtet, denn Pächter Burmeister blieb bis zu seinem Tod Pächter der Domäne Vorderbollhagen.

Interessant ist der direkte Vergleich der Emolumenteregelung für die Tagelöhner. Zeigt nachfolgender Auszug aus dem Pachtvertrag von 1863 doch, dass die Schweriner Beamten seit 1818 nicht untätig waren:

  1. Eine räumliche Wohnung mit erforderlichen Hof und Stallraum sowie einen Garten von 60 Quadratruten, zu Kartoffelland 60 Quadratruten Leinland 28 Quadratruthen, da vom Pächter Kartoffeln ausgepflanzt und Lein,
  2. Weidefreiheit für eine Kuh und Durchfütterung derselben im Winter, resp. bei etwaiger Einführung der Stallfütterung auch im Sommer unter den Kühen des Pächters,
  3. Weide und Winterfütterung für drei Hammel unter denen des Pächters oder nach Wahl des letzteren jährlich 4,24 halb zu Michaelis und halb zu Ostern zahlbar,
  4. zur Ausfütterung der im Stalle zu haltende Schweine 30 Scheffel Kaff jährlich,
  5. das zu Betten, Streuen sowie Einmieten der Kartoffeln erforderliche Stroh,
  6. freie Feuerung und kleine Fuhren nach Maßgabe des Pachtkontraktes,
  7. an Tagelohn, explizit etwaiger Accordarbeitszeit 10 Schilling, nur Während der Erntezeit aber 14 Schilling pro Tag. Die Frau (oder Hofgänger) erhält im Sommerhalbjahr 7 im Winterhalbjahr 6 Schilling Tagelohn, muss aber für die Wohnung 80 Hoftage á 6 Schilling unentgeltlich leisten.
  8. Die Arbeitszeit beginnt um 6:00 Uhr morgens und dauert bis 8:00 Uhr abends, während der Heu- und Kornernte aber bis Sonnenuntergang und beim Einfahren bis zu anbrechenden Dunkelheit.
  9. Im Winter wird von Tagesanbruch bis zum Ende gearbeitet. Die Mittagszeit beträgt für die Männer 1 – 1 ½ Stunden für die Frauen 1 ½ während der Ernte stets nur eine Stunde und kann beim Einfahren auf eine ¾ Stunde abgekürzt werden. Als Frühstücks- und Vesperzeit wird ein Halbe Stunde, vom 10. November bis zum 20. März ¼ Stunde Frühstückszeit gewährt und fällt die Vesperzeit während letzteren Zeitraum aus. Beim Einfahren und der Dungabfuhr ist Frühstücks- und Vesperzeit nicht für alle dabei Beteiligten gleichzeitig, sondern so einzurichten, dass die Arbeit nicht ins Stocken gerät.
  10. Sämtliches Korn, mit Ausnahme der Ölfrüchte und Sämereien wird durch die Tagelöhner und deren Frauen oder Hofgänger um den 16ten Scheffel vom großen Haufen in dem Maße wie für die Brodherrschaft aufgemessen wird, ausgedroschen; dem Pächter ist aber die Aufstellung einer Dreschmaschine unbenommen und erhalten dann die Tagelöhner den 24-ten Scheffel als Drescherlohn. Zu nicht transportablen Dreschmaschine müssen sie das Getreide aus andere Wirtschaftsgebäuden auf Verlange des Pächters heranschaffen, auch in allen Fällen das ausgedroschene Stroh nach den ihnen angewiesenen Wirtschaftsräumen befördern.
  11. Der Pächter ist verpflichtet, den Tagelöhnern, wenn sie nicht ihren Bedarf verdienen alle 14 Tage 1 Scheffel Roggen und alle 4 Wochen ein Scheffel Gerste … zu überlassen.
  12. Auf Deputatisten ist dieses Regulativ nicht anwendlich.

  • Der Pächter Philipp Seer (geb. 1822) mit Ehefrau Henriette (geb. 1828) und deren Nichte Marie Suher (geb. 1849).
  • Das Dienstpersonal: Wirtschafter Heinrich Vorbeck (geb. 1843), Wirtschafterin Anna Zeeden (geb. 1847) die Knechte Carl Schönfeld (geb. 1842),Heinrich Fock (geb. 1843), Christian Wiedow (geb. 1843), Johann Möller (geb. 1847), der Hirtenjunge Ludwig Klöcking (geb. 1851), und die Dienstmädchen Marie Bull (geb. 1847), Marie Schwark (geb. 1847), Friederike Goldbeck (geb. 1847) sowie Minna Haase (geb. 1843 ).

In den vier Katen des Hofes lebten:

  • Der Tagelöhner Johann Vick (geb. 1836) mit Ehefrau Sophie (geb. 1835), Tochter Henriette (geb. Feb 1867) und Dienstmädchen Sophie Käkenmeister (geb. 1853).
  • Der Tagelöhner Christian Reinke (geb. 1837) mit Ehefrau Dorothea (geb. 1839), den Söhnen Johann (geb. 1864) und Christian (geb. 1865) sowie Schwiegereltern Christoph (geb. 1805) und Marie Schult (geb. 1801).
  • Der Tagelöhner Johann Penzien (geb. 1810) mit Ehefrau Sophie (geb. 1814).
  • Der Tagelöhner Joachim Weder (geb. 1833) mit Ehefrau Sophie (geb. 1834), dem Stiefsohn Heinrich Gastmeier (geb. 1857), dem Sohn Johann Weder (geb. Mar 1867) und der Schwiegermutter Sophie Gastmeier (geb. 1793).
  • Der Tagelöhner Joachim Never (geb. 1816) mit Ehefrau Marie (geb. 1824) und den Kindern Marie (geb. 1852) sowie Christian (geb. 1858 ).
  • Der Tagelöhner Johann Griese (geb. 1838) mit Ehefrau Sophie (geb. 1834), Tochter Anna (geb. Oct 1867) und Schwiegermutter Elise Niemann (geb. 1804).
  • Der Tagelöhner Fritz Westendorf (geb. 1841) mit Ehefrau Marie (geb. 1843), den Töchtern Sophie (geb. 1864) und Dorothea (geb. Sep 1867) sowie dem Dienstmädchen Marie Lewtzow (geb. 1850 ).
  • Der Tagelöhner Johann Schreiber (geb. 1838) mit Ehefrau Marie (geb. 1835) und dem Dienstmädchen Louise Penzien (geb. 1853 ).

Die Gemeindegründungen ab 1869 in Mecklenburg machten auch vor Brodhagen nicht halt. Wie allgemein üblich wurden die Güter eigenständige Gemeinden. Die Leitung der Gründungsversammlung der Gemeinde Hof Brodhagen im Jahr 1874 hatte Amtsmann Reichhof. Teilnehmer war der Gutspächter Seer: » … um die näheren Bestimmungen in Betreff der demnächstigen Konstituierung der genannten Ortschaft als selbstständige Gemeinde in Grundlage der Gemeindeordnung vom 29. Juni 1869 entgegenzunehmen. «, wie es das Protokoll vermerkte.

Folgende Festlegungen wurden getroffen: » Die Gemeindefeldmark umfasst das Pachtgrundstück Brodhagen, es bleibt aber vorbehalten … den Gemeindebezirk anders festzulegen. « Dem Pächter bleibt es: » … überlassen alle Gemeindelasten selbst zu tragen oder nach Maßgabe der Gemeindeordnung die übrigen Mitglieder heranzuziehen. « Ihm obliegt es: » … sämtliche aus der Gemeindeordnung entspringenden Geschäfte zu tätigen. Für einen Amtsarzt ist gemeinsam mit Dorf Brodhagen ein Honorar zu zahlen und ein Wundarzt zu bestellen. Es bleiben bis auf weiteres die übrigen Verbände lt. § 6 der Gemeindeordnung, und zwar in bisheriger Weise von Bestand, wie Schul-, Hebammen-, Spritzen ect. Verbände. Gemeinsam mit der Gemeinde Dorf Brodhagen ist die Hebamme mit Feuerung zu versorgen. «

Dieser Status: Gemeinde Hof Brodhagen, hatte bis 1941 bestand, als die Zusammenlegung mit der Gemeinde Dorf Brodhagen zur Gemeinde Brodhagen erfolgte.

  • Der Pächter, Landwirt Otto Krieg (geb. 1959) mit der Wirtschafterin Clara Schaning (geb. 1865), den Haushaltshilfen Anna Lübbe (geb. 1879) und Frieda Böckmann (geb. 1882), dem Knecht Carl Kreplin (geb. 1885), dem Kutscher Hans Götze (geb. 1877), dem Kuhfütterer Carl Schubert (geb. 1880), dem Schäfer Gustav Schnell (geb. 1840) sowie den Einliegern und Pungenmacher Fritz Winter (geb. 1870) und Friedrich Warning (geb. 1876).
  • Der Deputatknecht Ludwig Schmidt (geb. 1858) mit Ehefrau Catharina Schmidt (geb. 1867) und den Kindern Anna (geb. 1888), Frieda (geb. 1890), Erna (geb. 1893), Alwina (geb. 1895) und Johanna (geb. 1899), seiner Mutter Maria Schmidt (geb. 1837) und dem Einlieger, Arbeiter August Falkenthal (geb. 1845).
  • Der Deputatknecht Johann Reincke (geb. 1871) mit Ehefrau Dora (geb. 1874), den Töchtern Erna (geb. 1893) und Meta (geb. 1899) sowie seiner Schwester Friedericke Reinke (geb. 1871).
  • Carl Decker (geb. 1857) mit Ehefrau Anna (geb. 1860), der Stieftochter Juliane Jukowsky (geb. 1883) und den Kindern Magdalene (geb. ) sowie Wilhelm Decker (geb. März 1900).
  • Der Statthalter Herman Schwartz (geb. 1836) mit Tochter Minna Han (geb. 1871), Schwiegersohn Maurer Heinrich Han (geb. 1871) und Enkelin Else Han (geb. 1897) sowie Pflegesohn Otto Ehlert (geb. 1890).
  • Der Pferdeknecht Christan Wendt (geb. 1865) mit Ehefrau Maria (geb. 1867) und den Kindern Frieda (geb. 1887), Minna (geb. 1889), Caroline (geb. 1891), Wilhelm (geb. 1890), Emma (geb. 1867) und Hermann (geb. 1899).
  • Wilhelm Haupt (geb. 1869) mit Ehefrau Johanna (geb. 1874), den Kindern Ida (geb. 1896), Wilhelm (geb. 1897) und Ernst (geb. 1898) sowie den Pflegetöchtern Erna (geb. 1892) und Emma Zicker (geb. 1895).

Wo genau die einzelnen Haushalte auf dem Gutshof wohnten, ließ sich den Zähllisten nicht entnehmen.


Im Rahmen der Volkszählung in Mecklenburg 1905 wurden zum Hof Brodhagen folgende Angaben gemacht: 150 ha Ackerland und Garten, 31 ha Wiesen, 1 ha Weiden, 7,4 ha Wald sowie an Vieh: 15 Pferde, 89 Rinder davon 67 Kühe, 142 Schafe und 63 Schweine. Als Pächter wurde Otto Krieg genannt.

Mit dem Zusammenbruch des Kaiserreichs 1918 ging der Hof Brodhagen, wie alle herzoglichen Domänen, in den Besitz des Landes Mecklenburg über. 1926 pachtete Paul Dierks die Domäne. Viel über die Wirtschaftlichkeit des Hofes steht in einem Berichtsbogens zum Hofentschuldungsverfahren von 1932:

  • Organisation ist risikoreich, Führung mäßig, landwirtschaftliche und kaufmännische Fähigkeiten gering, sie bieten wenig Sicherheiten für Kreditierung zur Entschuldung.
  • Fruchtfolge auf 7 Schlägen: Hackfrucht – Sommerung –Sommerung – Hülsenfrüchte – Sommerung – Sommerung – Winterung. Diese bietet bei einer Winterung nur geringen wirtschaftlichen Erfolg
  • Lebendes Inventar: 15 Pferde, 8 Fohlen, 8 Mastochsen, 1 Bullen, 23 Kühe, 17 Jungvieh, 3 Kälber, 14 Zuchtschweine, 58 Läufer und 7 Ferkel Rinderbesatz wird als gut, Schweinebesatz als nicht ausreichend eingeschätzt.
  • Totes Inventar: 1 Dreschsatz, 2 Saatreinigungsanlagen, 1 Strohpresse, 1 Drillmaschine, 6 Mähmaschinen und 2 Düngerstreuer
  • Abgaben: Pacht 6.450,00 Mark, Pfarre 113,00 Mark und Küster 65,00 Mark
  • Beschäftigte: 2 Gesinde, 9 Deputanten, 1 Hofgänger, 2 Freiarbeiter für 10 Wochen, 8 Wanderarbeiter

Trotzdem wurden die Pachtverträge von Pächter Dierks regelmäßig verlängert, wofür seine Mitgliedschaft in der NSDAP sicherlich von Nutzen war. So urteilte die Gauleitung der NSDAP zur Pachtverlängerung 1941: » Dierks ist Parteigenosse seit 1932, Mitgliedsnummer 1.372.411, charakterlich und politisch einwandfrei, keine politische Bedenken für eine Weiterverpachtung. «
Bei diesen Führungsqualitäten war es wenig verwunderlich, dass Brodhagen 1945 weder eine öffentliche Stromversorgung, noch eine zentrale Wasserversorgung hatte und die Bausubstanz des Hofes auch eher mit mäßig einzuschätzen ist.

Wechselnde Größenangaben, bei den Ländereien des Hofes in den Statistiken der Domänenzeit, zeigen ein permanentes Gezerre um Flächen. Wo immer jemand nach Land schrie, wurde vom, ohnehin mit wenig Land ausgestattetem, Gut etwas abgezwackt.


Für den Hof Brodhagen waren 1938 folgende Schulden verzeichnet: 8.000 RM Pächterkredit, 26.000 RM Entschuldungsdarlehen und 8.715,88 RM Überhang (Umlaufmittelkredit). An den Reichsnährstand – eine Zwangsweise geschaffene nationalsozialistische Vereinigung der Land- und Ernährungswirtschaft – mussten 264,40 RM abgeführt werden.

1941 erfolgte eine Pachtverlängerung des Hofes Brodhagen für Paul Dierks bis 1945. Zur Domäne gehörten: 140 ha Acker, 30 ha Wiesen und Weiden sowie 1,9 ha Hof und Garten. Zu Protokoll wurde auch gegeben, dass durch den Wechsel von schweren Lehm- und leichten Sandboden nur geringe Erträge erzielt wurden. Auch bestanden große Schwierigkeiten bei der Feldbestellung, da Pferde für den Kriegseinsatz abgezogen wurden.

Im Dezember 2021 wurde Herr Michael Kohlhaas [59] auf unsere Chronik aufmerksam und schrieb einen Artikel über das Umfeld des letzten Domänenpächters Paul Dierks, den er uns freundlicherweise für die Veröffentlichung zur Verfügung stellte. Dafür danken wir Ihm:


Nach Kriegsende 1945 wurde das Gut im Rahmen der Bodenreform aufgesiedelt. Eine Neubauernstelle erhielten 22 Umsiedler und neun Einheimische. Nach dem Verlust der administrativen Eigenständigkeit 1941 verlor Hof Brodhagen mit der Bodenreform 1946 auch den Charakter eines wirtschaftlich arrondierten Gutes und hörte praktisch auf zu existieren.

An der Dorfstraße, zwischen der Katenreihe und dem Gutshof steht ein Gebäude, das als Schmiede genutzt wurde. Wann dieses gebaut wurde ist nicht bekannt. In den Volkszählungslisten von 1867 und 1900 ist kein Schmied in Brodhagen aufgeführt. Bekannt ist, dass in den 1950er Jahren der Schmied Otto Kuchel aus Reddelich, neben der Schmiede auf der Häuslerei Nr. 20 von Reddelich auch die Schmiede in Brodhagen bewirtschaftete. Gewohnt hat er, mit seiner Familie auf der Reddelicher Büdnerei № 18. 1963 starb Otto Kuchel mit 59 Jahren. [56]

Das Gutshaus kam nach der Bodenreform in die Trägerschaft der Gemeinde und wurde zu Wohnzwecken genutzt. Eigentümer blieb jedoch das Land Mecklenburg. Nachdem das Gebäude völlig verwahrlost und unbewohnbar war, ließ die Gemeinde es 1985 sanieren:


Nach dem Beitritt Reddelichs zur Bundesrepublik 1990 stritten sich die Gemeinde und das Land M-V um die Eigentumsrechte an das ehemalige Gutshaus. 1998 wurde dieser Streit letztinstanzlich zu Gunsten des Landes entschieden. Das Haus war zwischenzeitlich freigezogen und durch Verkauf privatisiert. Es stand noch zwanzig Jahre leer, bevor sich der Eigentümer entschloss, es an eine Familie weiter zu verkaufen, die dort auch wohnen möchte.

Artikel aktualisiert am 22.03.2024